Geplante Änderungen der Gefahrstoffverordnung

Was ändert sich?

Die Gefahrstoffverordnung ist die zentrale rechtliche Arbeitsschutzregelung für gefährliche Stoffe, egal ob fest, flüssig oder gasförmig. Der aktuelle Referentenentwurf vom 17.06.2024 enthält insbesondere eine Aktualisierung der Regelungen für krebserzeugende Gefahrstoffe. Dazu soll das risikobezogene Maßnahmenkonzept bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen vollständig implementiert werden. Hierfür werden die Anforderungen an die Schutzmaßnahmen an das statistische Risiko, durch die konkrete Tätigkeit eine Krebserkrankung zu erleiden, gekoppelt. Das heißt, die notwendigen Schutzmaßnahmen ergeben sich aus dem statistischen Risiko zu erkranken. Die Aufnahme von z. B. einer Asbestfaser oder einem Molekül Benzol führt nicht automatisch zu einer Erkrankung. Selbst in der Außenluft sind sehr geringe Mengen dieser Gefahrstoffe als sogenannte Hintergrundbelastung vorhanden. Eine nachweisbare Gesundheitsschädigung tritt erst bei einer entsprechend hohen Schadstoffaufnahme ein. Dies kann entweder über eine einmalig sehr hohe Exposition (Aufnahmemenge) wie bei einer Havarie oder einer mehrfachen Aufnahme einer geringen Dosis bei wiederkehrenden Tätigkeiten sein. Für viele Handwerker besteht ein erhebliches Risiko einer Gefahrstoffexposition durch wiederkehrende staubige Arbeiten bei Sanierung von älteren Bestandsgebäuden. Die Unfallversicherungsträger verzeichnen trotz des Asbestverbots im Jahre 1993 weiterhin hohe Zahlen asbestbedingter Berufskrankheiten und Todesfälle. In den letzten zehn Jahren gab es mehr als 30.000 Anerkennungen einer Berufserkrankung und über 16.000 Todesfälle durch Asbest.

Was bedeuten die Änderungen?

Die geplanten Änderungen werden von den betroffenen Organisationen und Dachverbänden kontrovers diskutiert. Die Schadstofferkundungspflicht vor Arbeitsbeginn durch den Veranlasser bzw. Eigentümer wurde im aktuellen Entwurf wieder gestrichen. Jetzt ist nur noch die Pflicht des Veranlassers vor Arbeitsbeginn dem ausführenden Unternehmen alle bekannten Informationen über vorhandene oder vermutete Gefahrstoffe zur Verfügung zu stellen enthalten.  Das heißt konkret, wenn der Eigentümer etwas weiß, muss er es sagen, wenn nicht, dann nicht. Es stellt sich die Frage inwieweit ein Laie genügend Kenntnisse zu Schadstoffen im Baubestand hat und in der Lage ist, dies dem Handwerker mitzuteilen. Somit ist die korrekte Einschätzung des Sachverständigen oder des Handwerkers vor Beginn der Arbeiten gefragt. Dennoch sind im Entwurf viele konkrete Regelungen zu Arbeiten an Asbestprodukten aus den Technischen Regeln für Gefahrstoffe zu Arbeiten an Asbestprodukten in die Gefahrstoffverordnung übernommen worden.  

Wen betreffen die Änderungen?

Die geplanten Änderungen betreffen alle bei Baumaßnahmen Beteiligten sowie die Eigentümer als Veranlasser von Sanierungen und die Versicherungswirtschaft. „Allein durch Untersuchungen, ob Asbest im Gebäude ist, erwarten wir für die Wohngebäudeversicherer Mehrkosten von voraussichtlich über 190 Millionen Euro im Jahr“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Kosten für eine Schadstofferkundung vor Tätigkeitsbeginn und wenn erforderlich fachgerechte Sanierung könnte sicherlich zu höheren Prämien führen. In der derzeitigen Praxis wird auf Baustellen in Bestandsgebäuden häufig keine systematische Schadstofferkundung durchgeführt. Sei es aus Unwissenheit über die Problematik oder aus Unsicherheit wegen der unklaren gesetzlichen Regelungen. In dem jetzigen Entwurf wurde leider von einer klaren, leicht verständlichen Vorgabe einer Erkundungspflicht vor Tätigkeitsbeginn wie im Rahmen des nationalen Asbestdialogs gemeinsam entwickelt Abstand genommen.

Was ist zu tun?

Für eine schnelle Schadensbearbeitung ist eine rasche Erkundung und Sanierungskonzeption erforderlich. Bei einem Leitungswasserschaden kann nicht erst nach Vorlage des Ergebnisses der Asbestuntersuchung die Wand, aus der das Wasser sich im Gebäude verteilt, geöffnet werden. Hier sind insbesondere bei den Erstmaßnahmen anerkannte emissionsarme Verfahren einzusetzen, um weniger Staub freizusetzen und damit das Risiko einer hohen Asbestexposition zu reduzieren. Ob jetzt bei jedem Wasserschaden direkt ein Unternehmen welches Arbeiten an Asbest durchführen darf und Kenntnisse der BT Verfahren hat, für die Erstmaßnahmen vor Ort ist, bleibt dahingestellt.
Bei korrekter Anwendung solchen Verfahren dürfen in der Atemluft des Asbestsanierers nicht mehr als 10.000 Fasern/m³ sein. Eine Atemschutzmaske sollte bei den Arbeiten vorsorglich getragen werden. Durch solche Verfahren entsteht auch weniger schadstoffhaltiger Abfall. Diese Minimierung ist so auch nach den abfallrechtlichen Vorgaben einzuhalten. Ein Asbestbefund bedeutet auch nicht zwangsläufig, dass eine vollflächige Schadstoffentfernung zur Beseitigung des Leitungswasserschadens erfolgen muss, auch wenn diese aus Sicht des Gebäudeeigentümers wünschenswert wäre.
Sie haben Fragen zu Asbest oder anderen Gebäudeschadstoffen? Sprechen Sie uns an.

Dr. Christoph Portner, Sachverständiger für Schadstoffuntersuchungen und Innenraumhygiene, Gielisch Institut für Analyse GmbH