Im Londoner Auktionshaus Sotheby's wurde am 14. Oktober das halb geschredderte Banksy-Werk "Love is in the bin" für 16 Millionen britische Pfund versteigert. Vor drei Jahren hatte Sotheby‘s das Bild für eine Million Pfund veräußert. Kurz nachdem der Hammer gefallen war, zerstörte ein im Rahmen eingebauter Schredder das Werk zur Hälfte. Dadurch ist es im Wert extrem gestiegen.
Wertsteigerung durch gezielte Beschädigung, wie kommt es dazu? Dieser Frage ist der WDR in einem Bericht in der aktuellen Stunde nachgegangen und hat dazu unseren lanjährig erfahrenen Kunstsachverständigen Claus Gielisch nach seiner Einschätzung gefragt: "Ob das kunsthistorisch gerechtfertigt ist, darüber kann man streiten. Man kann hier sagen, dass mit der damaligen gewollten Zerstörung ein neues Kunstwerk entstanden ist. Es hat ja auch einen neuen Titel erhalten. Was heute Wertsteigerung ausmacht ist einzig und allein eine Sache des Marktes. Der Markt reagiert manchmal auf Reize, die nicht allein mit den üblichen Parametern wie Ästhetik oder ähnlichen Dingen zusammenhängen.
Ich erinnere ich mich an einen etwas länger zurückliegenden Fall. Ein Kunstsammler hatte eines seiner Kunstwerke von Roy Lichtenstein an ein österreichisches Museum zu Ausstellungszwecken entliehen. Während der Ausstellung wurde das Bild von einer psychisch gestörten Frau attackiert und schwer beschädigt. Ich habe eine relativ hohe Wertminderung taxiert. Später wurde das Werk mit dem Vermerk "famously vandalized" zu einem vielfach höheren Preis verkauft. Es ist natürlich immer eine Einzelfallbetrachtung erforderlich, und Banksy trifft momentan natürlich genau den Zeitgeist. Es ist zu beobachten, dass die Nachfrage nach Objekten steigt, die mit einer Story verbunden sind. Damit ergibt sich ein ganz anderer Bezug, auch auf emotionaler Ebene. Der Besitzer eines Kunstwerkes macht sich die Story stolz zu eigen, mit der er gegenüber jedem Betrachter des Kunstwerkes aufwarten kann."
Das Journalistenteam interessierte sich nicht nur für Banksy. Ganz generell wollte man wissen wie man Sachverständiger wird und welche Ausbildung notwendig ist. Claus Gielisch ist von Hause aus Jurist. Bereits sein Großvater (vereinzelt) und Vater waren als Kunstsachverständige tätig, er setzt die Tradition in dritter Generation fort. In der Regel begutachtet er beschädigte Kunstwerke und taxiert den Wertverlust. "Dafür ist sehr viel Erfahrung notwendig, die man sich über viele Jahre aneignet. Eigentlich sind wir aber in erster Linie Psychologen, die mit viel Einfühlungsvermögen für den jeweiligen Einzelfall Lösungen finden."
Claus Gielisch begutachtet Schäden an Kunstgegenständen aller Art und ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Feststellung und Bewertung von Schäden an zeitgenössischer Kunst. Die Kunst gehört auch privat zu seinem Interessen- und Betätigungsfeld.